Donnerstag, 24. April 2014

Unser Leben mit einem autistischen Kind - Teil 3

gestern habe ich an der Stelle aufgehört an der wir gesagt bekamen, dass wir auf den Bescheid vom Amtsarzt warten sollten.

Es vergingen wieder ein paar Wochen, es kam dann ein Schreiben vom Sozialamt, das uns der Amtsarzt sein "Go" gegeben hat.

Ich leitete die Nachricht umgehend an unseren Kindergarten weiter (es ist übrigens ein Integrationskindergarten mit verschiedenen Einrichtungen)
Wir bekamen die Tage einen Anruf und verabredeten uns mit einer Frühförderkraft.
Die Frühförderung sollte 1x pro Woche bei uns zu Hause stattfinden und ich kann jetzt schon erzählen, dass die Frau ein absoluter Engel war.
Sie hat uns die Zeit über wahnsinnig unterstützt, ein unglaublich toller Mensch.

Zu dem Zeitpunkt war ich übrigens schon mit meiner Tochter schwanger (so ungefähr in der 12. Woche).

Viele können sich ersteinmal nicht viel unter Frühförderung vorstellen.
Es geht im Grunde genommen darum, dass dem Kind auf spielerische Art und Weise Möglichkeiten aufgezeigt werden um mit dem Alltag besser zu recht zu kommen.
Bei Levi lag der Ansatz erstmal daran, dass er lernen solle sich auf eine Sache die er sich ausgesucht hat länger zu konzentrieren.

Ihr glaubt ja gar nicht was in der Zeit so aus unserem Wohnzimmer gebaut wurde...leider habe ich davon keine Fotos :-)
Es war quasi ein Abenteuer für sich. Hier wurden riiiesengroße Höhlen gebaut, es wurden schwere Sandsäcke durch Krabbeltunnel geschleppt, wir haben hier Erbsen-Wannen aufgebaut - und ich glaube ich finde bis heute noch überall Erbsen in jeglichen Ecken ;-)
Wir haben riesengroße Murmelbahnen über das komplette Wohnzimmer gebaut - es war absolut fantastisch.

Die Pädagogin lag uns eines Tages nahe, dass wir für Levi einen Integrationsplatz beantragen sollten.
Ich war schockiert. Für mich war das damals etwas völlig schlimmes. Ich hatte Angst, dass er in der Schule dadurch einen Stempel aufgedrückt bekommt (zu dem Zeitpunkt ging ich noch davon aus, dass er einfach etwas entwicklungsverzögert sei) und lehnte dieses erstmal partout ab.

Ich erwähnte ja bereits im letzten Teil, dass wir noch die Auflage bekamen Levi in einem SPZ vorzustellen. Von jeglichen Stellen bekamen wir dann das Kinderzentrum in Pelzerhaken empfohlen.

Ich rief dort an, dann bekamen wir einen Fragebogen zugeschickt, den ich dann ausfüllte.
Es dauerte dann UNGLAUBLICH lange bis wir überhaupt einen Termin bekamen - insgesamt 8 Monate! (es ist wohl bei SPZ's eine normale Wartezeit wie ich bisher erfuhr)
Und dieser Termin war ersteinmal "nur" bei einem normalen Kinderarzt dort.

Mir graute vor diesem Termin.
So etwas war immer mit Wartezeit verbunden und Wartezeit war mit meinem Sohn die HÖLLE. Ihr müsst euch vorstellen, dass die Zimmer in denen ich mit Levi länger wie 10 Minuten warten mussten hinterher quasi grund-saniert werden mussten. Er zerlegte alles. wirklich alles. Er schmiss alles wahllos durch die Gegend, kletterte an Fenstern hoch, warf Stühle um und er hat sich von NICHTS rein GAR NICHTS davon aufhalten lassen.
So war es dann natürlich auch in Pelzerhaken.

Wir wurden dann von dem Kinderarzt ins Behandlungszimmer geholt - dort ging seine Verwütungsarie weiter. Er riss sämtliche Aktenordner aus den Schränken, schmiss alle Stifte auf den Boden.
Der Arzt sprach mit uns über die bestehende Problematik - gerade über die Schlafstörungen und fragte uns in der Sache bis aufs kleinste Detail aus. Sogar aus welchem Material die Bettwäsche ist.

Der Termin dauerte ca. 1,5 Stunden und man empfahl uns es mal für 2 Wochen mit dem Medikament "Melatonin" (Dosierung 2mg) zu probieren.

Melatonin? ??? Ich soll meinem Kind Medikamente geben???
Das hatte für mich einen unglaublich bitteren Beigeschmack.
Ich hatte ein schlechtes Gefühl dabei- als ob ich mein Kind ruhig stellen möchte.

Kurze Info: Melatonin ist ein körpereigenes Schlafhormon. Es gibt wohl durchaus Menschen bei denen die Produktion zu gering ist und deswegen zu wenig schlafen.

Ich legte das Medikament ersteinmal bei Seite.
Bis die nächste schlimme Schlafphase kam. Ich konnte einfach nicht mehr - und griff dann nur noch zu allen Strohhälmen die ich greifen konnte und gab meinem Sohn dann zum Abend die Tablette. Zumindest versuchte ich es.
Es scheiterte daran, dass ich sie nicht in ihn hinein bekam. Es ist bis heute so, dass er - gerade abends- nur flüssige Nahrung akzeptiert und da die Tablette im Ganzen  geschluckt werden musste war es nahezu unmöglich.
Daher kann ich leider keine wirklichen Erfahrungen mit euch teilen.

Achso - fast vergessen: Der Arzt aus Pelzerhaken hielt einen Termin beim Psychologen für sehr ratsam und im Kinderzentrum wurde dann auch alles weitere in die Wege geleitet.

Ein paar Wochen später war dann der so unglaublich wichtige Tag für uns - das war genau vor einem Jahr bei einer ganz tollen Psychologin.

Wir wurden von unserer Frühförderung begleitet, das fand ich sehr lieb.
Es gab ersteinmal ein sehr sehr langes Vorgespräch.
Ich muss sagen - es sprudelte dabei einfach nur so aus mir heraus.
Ich hatte endlich das Gefühl mir sitzt jemand gegenüber der mich komplett versteht.
In dem Gespräch fiel dann auch zum aller allerersten mal der Begriff "Autismus".
Sie fragte mich explizit ob ich darüber schon einmal nachgedacht habe, weil alles das was ich schildere schon sehr danach klingen würde.

Nach dem Gespräch sollte ich Levi mit der Psychologin alleine lassen.

Es wurde ein nonverbaler IQ-Test durchgeführt - allerdings an 2 verschiedenen Tagen um ihn nicht zu überfordern.
Ein nonverbaler IQ - Test bedeutet, einen Intelligenztest ohne Sprache.

Die Psychologin wollte dadurch schauen, ob unsere Problematik durch eine geistige Behinderung hervorgerufen werden.
Davon spricht man ab einem IQ von unter 70.

Die 2 Tage vergingen, der IQ Test schloss eine geistige Behinderung komplett aus, ich war natürlich erleichtert.

Es wurde mir allerdings gesagt, das mein Sohn wirklich sehr auffällig sei und sie möchte ihn umgehend in die Autismusdiagnostik "schicken".

Das war dann gleich 2 Tage später.
Mein Sohn war zu der Diagnostik wieder mit ihr alleine.
Es wurde mir aber erzählt, was gemacht wurde: Sie hat mit ihm ein Rollenspiel gespielt - mit kleinen Puppen an einem Tisch (es wurden noch viele andere Sachen gemacht)
Insgesamt wurde er 1,5 Stunden getestet.

Die Tür öffnete sich und mein Sohn hüpfte mir freudestrahlend entgegen.
Ich versuchte natürlich sofort alles was ging der Psychologin zu entlocken.
Sie war sehr gefasst und fragte mich gleich ob ich bitte nächste Woche mit meinem Mann zusammen zu einem Elterngespräch erscheinen könnte.

Mir war schon klar, das irgendwas war.
Ich fragte sie..."war irgendwas auffällig?"
Sie: "Ja."
dann sagte sie noch, dass wir uns sicher sein können, dass Pelzerhaken NIEMALS eine Diagnose aussprechen wird, bevor sie sich nicht zu 100% sicher wären. Und mehr bekam ich dann auch nicht wirklich zu erfahren.

Wir bekamen noch einen Fragebogen für zu Hause mit, den wir beantworten sollten.

In der kommenden Woche zu dem Elterngespräch war ich wahnsinnig nervös.
Ich wusste nicht was ich denken sollte, Andreas gings genau so.

Wir wurden wieder sehr freundlich von der Psychologin empfangen.
Sie verstand es in der Situation genau die passenden Worte zu finden. Sehr direkt aber dennoch einfühlsam und angemessen.

Wahrscheinlich kommt es hier in meiner Erzählung ein wenig stumpf rüber - aber sie eröffnete das Gespräch mit dem Satz: " Ich kann Ihnen sagen, dass Levi ganz eindeutig ein autistisches Kind ist"

Ich habe diesen Satz noch so unglaublich pregnant im Kopf. ich erinnere mich an alles - wie sie mich dabei anschaute, ihre Tonlage.
Es schien, als würde die Welt für diesen Moment stehenbleiben.

Und dennoch merkte ich plötzlich wie eine unglaublich schwere Mauer langsam anfing zu bröckeln und von mir abzufallen.
Dieser Satz war DIE Befreiung. Es klingt unglaublich - aber ich hätte in dem Moment anfangen können vor Freude an zu heulen.

Denn ich WUSSTE einfach, dass mein kleiner Levi nie - niemals ein anderer werden würde, nur weil er eine Diagnose hat. Denn ich liebe ihn genau so wie er ist mit allen Ecken und Kanten.
Aber ich hatte Antworten!
Antworten warum mein Kind um 3 Uhr nachts schreiend am Bett steht weil sein gelber Stift fehlte.
Ich wusste WARUM er alles wie wild sortiert (mittlerweile hatte das Legen mit seinen Stiften unglaubliche Ausmaße angenommen)
Und ich wusste warum er so penetrant darauf bestand jegliche Reihenfolgen überall einzuhalten.






Ich begann sofort an umzudenken. Mir wurde alles so glasklar - es fiel mir wie Schuppen von den Augen.
Es war einfach so unglaublich eindeutig!

Das restliche Gespräch mit der Psychologin verlief eigentlich sehr positiv.
Levi ist ein sehr fröhliches, offenes Kind mit sehr viel Potential meine sie.
Darauf können wir aufbauen!


Im nächsten und letzten Teil werde ich euch erzählen inwieweit die Diagnose unser Leben verändert hat, was sich seitdem verändert hat und wie ich dem ganzen gegenüber eingestellt bin - auf diesen Teil freue ich mich am meisten! ;-)

Morgen sind wir übrigens wieder in Pelzerhaken zur Kontrolle :-)

Ich danke euch fürs Lesen, über Kommentare freue ich mich!

Viele liebe Grüße

Katharina

Dienstag, 22. April 2014

Unser Leben mit einem autistischen Kind - Teil 2

So, ich beginne heute direkt da wo ich gestern aufhörte.
Ich bedanke mich hier auch nochmal über das unglaubliche Feedback.
Damit hätte ich im Leben nicht gerechnet! Ein ganz ganz großes DANKE!!!
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Da saß ich nun also bei unserem Kinderarzt und zunächst fiel mir ein großer Stein vom Herzen, dass mein Anliegen scheinbar ernst genommen wurde.

Es fiel der Satz: "Wir müssen unbedingt schauen, dass Sie eine erträglichere Familiensituation bekommen."

Unser Arzt verwies uns an die Frühförderstelle der Stadt und erzählte dann auch, dass wenn die Frühförderung nicht weiter kommt mit uns, wir zur Vorstellung ins Kinderzentrum Pelzerhaken (ein SPZ) fahren sollten.

Aber erstmal eins nach dem anderen.

Am nächsten Tag brachte ich meinen Sohn dann in seine Kita und zufälligerweise lief mir die Kindergartenleitung geradewegs vor die Nase.
Ich fragte, ob sie kurz eine Minute Zeit hätte und berichtete dann von den Geschehnissen des gestrigen Tages.
Ich erwähnte nebenbei dann auch die Frühförderung und ob sie wisse wie ich Kontakt dazu aufnehmen könnte.
Die Leiterin war plötzlich sehr erstaunt und sagte dann welch RIESEN Zufall, dass ich sie darauf angesprochen habe.
Sie erzählte mir dann weiter, dass sie wohl noch in diesem Monat das Gespräch mit mir gesucht hätte.
Die Defizite von Levi sind im Kita-Alltag nicht unbemerkt geblieben. Gerade der sprachliche Bereich sei stark auffällig.

Ich erkläre kurz die damalige Sprach-Situation:
Levi fing generell mit den ersten richtigen Worten sehr sehr spät an.
Sehr auffällig war, dass er (einfache) Wörter, die er mit der Zeit erlernte plötzlich wieder verlernte.
Er hatte eine komplett eigene Sprache entwickelt - Außenstehende verstanden von ihm kein einziges Wort.
Mir sind ein paar Vokabeln noch sehr pregnant in Erinnerung:

Schmetterling = Kia
Gurke = Bupa
Elefant = Ija-alla

Ich weiß nicht wie oft ich schon (ernsthaft) gefragt wurde warum der Junge zweisprachig aufwächst.

Zurück zum Gespräch mit der Kindergartenleitung.
Sie sprach für uns auf jeden Fall die eindeutige Empfehlung aus, dass wir die Frühförderung beantragen sollten.

Ich meine mich daran erinnern zu können, dass sie mir ein Formular gab, welches ich dann ausfüllte.
Dann passierte erstmal ein paar Wochen lang nichts.


In dieser Zeit gab es weitere Eskapaden. Es war der blanke Horror.
Es entwickelte sich zu dieser Zeit sein absolutes Spezialinteresse, welches er bis heute beibehielt.
BAHNÜBERGÄNGE.

Bahnübergänge bestimmten seinen kompletten Alltag - es beschäftigte ihn nichts anderes mehr.
Auf dem nach Hause Weg vom Kindergarten MUSSTE ich sämtliche Bahnübergänge abfahren, sonst gab es wieder Wutanfälle bis zum Erbrechen und Nachts schrie er wie am Spieß weil ihm da wieder eingefallen ist, dass wir nicht über den Bahnübergang gefahren sind.
Ich wusste mir nicht anders zu helfen, als einfach jeden Tag über seine Bahnübergänge zu fahren. Dann war alles gut.

Um ihn tagsüber auf andere Gedanken zu bringen, schenkte ich ihm irgendwann mal Stifte.
Aber er malte nur kurz damit.
Er begann dann plötzlich die Stifte in bestimmten Gebilden zu legen.
Ich dachte mir erst nichts dabei.
Aber es ging ab da jeden Tag. Stundenlang. Monatelang.

Zunächst waren es einfache Gebilde, die er immer wieder im gleichen bzw. ähnlichen Muster legte.








er machte mir dann irgendwann begreiflich das es seine geliebten Schiebetüren sind, die er nachbaut und vor allem auch BAHNÜBERGÄNGE.
Er setze sich dann stundenlang vor seine Stifte und schob sie einfach nur auf und zu.
Er ging völlig darin auf und verlor sich in seiner Welt.
Ich hätte nebenbei eine Bombe hochjagen können, er hätte wohl nichts bemerkt.

ich machte mir Sorgen... Mein Sohn entfernte sich von mir. Immer mehr.

Wie oft fragte ich mich "Bin ich dir eine gute Mutter? Liebst du mich so wie ich dich liebe?
Ich zweifelte. Es tat unheimlich weh.
Levi wollte nichts von mir wissen (zu dem Zeitpunkt erschien es mir tatsächlich so)
Er wollte nicht am Familienleben teilnehmen, Ausflüge waren immer der absolute Horror für alle Beteiligten. Ich beneidete Mütter, die mit ihren Kindern stundenlang draußen waren. Im Urlaub waren. Im Schwimmbad waren. 
Wir konnten dieses alles nicht. Überall lauerten Ecken und Kanten die ihn sofort wieder ausflippen ließen.

Schlimm war auch, dass er ein unheimlich großes Weglaufpotential hatte.
Er blieb draußen NIE in unserer Nähe, sondern lief einfach sofort planlos drauf los. Einfach immer weiter gerade aus. Wir waren nur damit beschäftigt ihn am Weglaufen zu hindern.
Um uns herum die tollsten Spielplätze, Zoos, Strände.
Es schien ihn nichts davon zu interessieren.
Es wirkte so, als würde er keine räumlichen Grenzen wahrnehmen können.

Eines Winters versuchten wir es mit einem Strandspaziergang.
Ich weiß es noch ganz genau: Er dauerte exakt 10 Minuten.

Er lief uns wieder davon - einfach ins Meer hinein.
Mitten im Dezember. Und ging unbeirrt von der Kälte einfach weiter. Er weinte nicht. Sein Blick ging ins Leere und er ging einfach immer weiter.

Wir holten ihn natürlich sofort heraus!
Es folgte wieder ein Wutanfall, weil er wieder ins Wasser zurück wollte.

DAS war der Moment wo mir immer bewusster wurde "es ist irgendwas mit ihm".

Meine Gedanken kreisten, aber ich kam auf kein wirkliches Ergebnis.

Es folgte die nächste Situation, für mich der Blanke Horror und ich muss heute noch sehr oft daran denken.

Eines morgens gegen 5 lag ich im Halbschlaf in meinem Bett. 
Die Nacht war wieder sehr schlimm und ich habe dann auch nicht mehr wirklich in den Schlaf finden können. Ein Glück wie sich herausstellte.

Ich hörte plötzlich unten aus dem Treppenhaus das Schlagen unserer Haustür.

Geistesgegenwärtig sprang ich auf und lief und lief und lief.

Levi hatte es tatsächlich geschafft im Schlafsack aus seinem Gitterbett zu kommen. Ihr müsst euch vorstellen, dass wir in unserer Wohnung eine Galerie haben mit Treppe runter zur Haustür.
Die Treppe ist durch ein Schutzgitter abgesichert.
Er schaffte es also auch dort herüberzuklettern, die Tür aufzuschließen und herauszurennen. ( auch hier war er ungefähr 2 Jahre alt)

Ich lief im Nachthemd auf die Straße. es war stockdunkel.
Ich schrie nur noch "Mein Baby!!! mein Baby!!!"

Ich lief und lief und holte ihn dann glücklicherweise ein. Er lief nur im Body bekleidet durch den hohen Schnee.
Ich zog ihn an mich. Ich weinte, ich lachte, ich schrie.

Mir gingen sofort die Bilder durch den Kopf was nur passiert wäre wenn ich das Schlagen der Haustüre nicht gehört hätte. Nicht auszudenken!!!
Von diesem Schock habe ich mich bis heute nicht wirklich erholt und ist bestimmt auch der Grund warum ich meinem Sohn in den nächsten Jahren gerne mal "hinterher-helicoptert" bin.
Wir tauschten sofort die Türgriffe aus (wir bauten einen großen, dicken Knauf ein, den er sogar heute noch nicht aufbekommt)

Es vergingen dann noch ein paar Wochen bis wir etwas von der Frühförderung hörten.
So einfach wie ich es mir vorgestellt hatte, war es leider nicht.

Ich bekam eine Einladung zu einem Amtsarzttermin.
Das wird wohl gemacht, damit ein Gutachten erstellt werden kann, dass der Förderbedarf auch wirklich vorliegt und die Kosten dafür übernommen werden.

In dem Schreiben vom Kreis bekamen wir noch andere Auflagen:
- eine Vorstellung in einem SPZ.
 - einen Hörtest.

Der Termin bei der Amtsärztin war einigermaßen erträglich.
Sie brauchte erstmal ein paar Eckdaten wie Größe und Gewicht und dann wurden Levi ein paar Aufgaben gestellt - ähnlich wie in einer U-Untersuchung beim Kinderarzt.
Wir unterhielten uns dann über die generelle Situation und zum Schluss meinte sie, dass wir dann in ein paar Wochen ein Schreiben bekommen würden, ob die Frühförderung nun genehmigt wird oder nicht.

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Morgen gehts weiter! :-)  


Liebe Grüße 

- Katharina - 

Montag, 21. April 2014

Unser Leben mit einem autistischen Kind / Teil 1

Hallo ihr Lieben,

ich melde mich gerade aus meinem Oster-Urlaub.
Eigentlich dachte ich, dass unser Internet schon abgeschaltet wurde aufgrund unseres anstehenden Umzuges - aber es war wohl einfach nur eine vorübergehende Störung.
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Ich nutze den Abend nun für ein Thema, welches mich nun ziemlich auf den Tag genau seit einem Jahr begleitet.
Ich wollte für euch eigentlich einen schönen Post vorbereiten, mit bunten Bildern von unserem Wochenende, aber mir ist gerade nicht wirklich danach.
 
Ich habe hin und her überlegt ob ich es hier überhaupt thematisieren soll und habe mich nun letztendlich dafür entschieden weil es einfach ein großer Teil unseres Lebens ist und uns einfach täglich begleitet.
Zudem muss ich mich jetzt gerade auch wieder intensiv mit allem beschäftigen, da wir ab kommender Woche wieder Termine im SPZ (sozialpädiatrisches Zentrum) haben.

Außerdem möchte ich aufklären und anderen Betroffenen Mut machen.
Ich werde unsere Geschichte in mehren Teilen verfassen, alles andere würde den Rahmen völlig sprengen.

Vor exakt einem Jahr erfuhren wir, dass unser Levi ein autistisches Kind ist. 

Ich werde nun versuchen zu schildern wie alles begann und wie es vom bloßen Verdacht zur Diagnose kam und zu dem Punkt an dem wir heute sind.

Als Levi im November 2009 geboren wurde (er kam per Kaiserschnitt auf die Welt) ahnten wir natürlich noch nicht im Geringsten, auf Welche harte Probe wir noch als junge Eltern gestellt werden würden.

Die ersten 3 Lebensmonate vergingen, danach stellte ich zunächst kleinere Dinge fest, die mich etwas stutzig machten.
Wenn ich ihn ansprach schien es mir, dass er mich nicht hören würde. Es war als schaue er durch mich hindurch - als wäre eine unsichtbare Wand zwischen uns.
Auch in späteren Monaten/Jahren reagierte er sehr sehr schlecht auf Ansprache, ich musste ihn teilweise bis zu 8 mal direkt ansprechen, ehe er reagierte.

Mit einem Jahr kam Levi in die Kita.
Wir hatten eine sehr lange Eingewöhnungsphase (6 Wochen) ehe er sich von mir lösen konnte.

Wir mussten morgens immer mit einem Fahrstuhl zu den oberen Räumen in denen er betreut wurde fahren. 
Dieser Fahrstuhl hatte für meinen 1 jährigen damals schon eine enorme Anziehungskraft - ganz besonders die elektrischen Türen.

Ich habe dann gemerkt das er das Fahrstuhlfahren als sein morgendliches Ritual nutze. Immer wieder auf die gleiche Weise forderte er das Fahrstuhlfahren von mir ein. Ich merkte wie es ihm scheinbar Sicherheit gab und wie es ihn innerlich fast zerriss als der Fahrstuhl einmal defekt war - für ihn schien es wie ein Weltuntergang und ich verstand die Welt nicht mehr.

Levi schlief die Nächte noch nicht durch. 
Ich habe mir deswegen noch keine großen Sorgen gemacht, er war ja noch so klein und das würde sich noch einspielen.
Das was ich jetzt schildere ist eines meiner absolut härtesten Erfahrungen, die ich in meinem Leben je machen musste.
Aus meiner anfänglichen Annahme, dass es sich schon irgendwann "verwachsen" würde, wurde leider nichts, sondern es manifestierte sich eine sehr schwere Schlafstörung.
Das Einschlafen klappte meist problemlos, nach ca. 2 Stunden wachte er dann auf und hatte ab da Wachphasen die 5-6 Stunden gingen.

Oftmals war er von 0.00 Uhr - 5.00 Uhr morgens wach, oder er war um 2.00 uhr wach und ist dann auch gar nicht mehr eingeschlafen.

So konnte ich ihn auf gar keinen Fall in die Kita geben, und ich auch nicht auf die Arbeit gehen-was mir natürlich extreme Schwierigkeiten bescherte.

Wenn ich daran denke fließen mir wieder die Tränen.
Ich erinnere mich zurück, wie ich nachts stundenlang auf dem Fußboden neben dem Gitterbett saß und mein Kind einfach nicht einschlief. Er schien hellwach, tobte, turnte, lachte. Ich saß daneben und weinte.

Andere Mütter versuchten mich aufzubauen. "Es sei nur eine Phase".

Nach EINEM Jahr mit dieser Schlafstörung war ich völlig am Ende. Ich hatte auch nahezu alles ausprobiert, nichts half.
Tagsüber war Levi noch zusätzlich so fordernd, dass ich das Gefühl hatte ich würde ihm nicht zu einem Prozent gerecht werden können.

Ich zweifelte an mir. 
Was mache ich nur falsch?

Er war so unglaublich unruhig, was sich auch auf mich übertrug. Es war kaum auszuhalten.

Unser erstes wirkliches "Schlüsselerlebnis" hatten wir dann bei einem einfachen Impftermin beim Kinderarzt.
Levi ist dort wort wörtlich die Wände hochgegangen.
Ich beschrieb zu Anfang ja schon seine Faszination für Schiebtüren (und generell Türen)
Im Behandlungszimmer war er nicht davon abzubringen ständig die Tür zu öffnen und zu schließen. Er machte dieses auf eine ganz penetrante Art und Weise, wir haben ihn nicht davon abbringen können. Immer wieder ist er zu der Tür hin, öffnete sie und schloss sie wieder.
Als ich ihn dann versucht habe dort wegzutragen gab es einen schlimmen Tobsuchtanfall - er schrie, schlug um sich, und krampfte. Er bekam kaum Luft. Es dauerte nahezu eine ganze Stunde bis wir ihn beruhigt haben. Bzw. es war keine Beruhigung. Es war die pure Resignation von seiner Seite aus, weil er mit seinen Kräften völlig am Ende war.
Unser Kinderarzt war unglaublich schockiert und konnte nicht glauben was sich abspielte.
Er rief meinen Mann an, er müsse umgehend unseren Sohn abholen kommen.

Ich stand unter Schock. Als mein Sohn abgeholt wurde und ich mit dem Kinderarzt alleine war liefen mir nur noch die Tränen und ich brachte keinen Ton mehr heraus.
Ich konnte mich selbst gar nicht mehr beruhigen und hatte den totalen Nervenzusammenbruch.

Ich schilderte dann nun auch was sich bei uns zu Hause abspielt. Die Schlafstörungen, die starke innerliche Unruhe, dass er sich auch nicht wirklich mitteilen könne weil er noch kein einziges Wort sprach und das ich es nicht schaffe an ihn heranzukommen. Levi war zu dem Zeitpunkt übrigens knapp 2 Jahre alt.

Und ich sprach das aus was ich mir (zu) lange Zeit nicht eingestehen wollte :
ICH BRAUCHE HILFE. DRINGEND.



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das war unser erster Teil - wie es von da an weiterging schildere ich in dem nächsten Kapitel.
Ich wusste nicht wie ich mich fühlen würde wenn ich dieses hier verfasse.
Aber es ist gut - ich fühle mich gerade wirklich besser. 
Als wenn ich für mich nochmal alles aufarbeite und vor allem verarbeiten würde. Schön, dass ihr mich begleitet!
Ich bin mir sicher, dass ihr über den weiteren Verlauf überrascht sein werdet!

Dienstag, 1. April 2014

unser Sonntagsausflug in Bildern

Sonnige Grüße !

Bei euch ist der Frühling bestimmt auch schon (zumindest an ein paar Tagen) zu spüren gewesen, oder?

Ich bin echt glücklich, dass die Winterzeit nun vorbei ist und man wieder Sonne tanken kann.

Unser Sonntag war vom Wetter her absolut traumhaft, daher beschlossen wir dann auch einen Strandspaziergang zu machen.


Ich habe eine kleine Foto-Strecke für euch. Ihr bekommt einen guten Einblick 
wie wir so wohnen :-)





Ich liebe diesen weiten Blick. Und es ist so schön ruhig!



Wir schauen uns Segelschiffe an, die gerade im Jachthafen ankommen


 
Levi liebt es seine Schwester zu schieben :-)






Mein Möwenkind








Strandgut für die Schatzkiste zu Hause!







mittlerweile wurde es so warm, dass wir dann auch unsere Jacken ausziehen konnten und zum Abschluss gabs nochmal ein Eis für jeden! :-)

In den nächsten Tagen hab ich noch was tolles für euch, ich hoffe es wird so wie ich es mir vorgestellt habe!

Ich wünsche euch eine ganz tolle Woche!

- Katharina -

Das war übrigens mein bestes Foto von dem Spaziergang. Ich fotografiere unheimlich gerne, eines meiner größten Leidenschaften! ;-)